Koordinator der Projekte unseres Partners vor Ort, der Vinzenzgemeinschaft (SVDP) Juba
Betram Gordon Kuol stammt aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Bor, einer Stadt 150 km nördlich von Juba.
In seiner Dinka Gemeinschaft wurde Reichtum an der Anzahl der Tiere gemessen, die man besaß: "Das diente dem Überleben, aber auch dazu, die Familienstruktur zu bewahren: Vor einer Hochzeit mussten die Männer Tiere an die Familie der Braut geben."
Betram wird als fünftes von acht Kindern geboren. Sein Vater, der 6 Frauen hat, ist der einzige Mann seiner Familie, der in der Stadt wohnt. Er ist Pflegehelfer. Betram lebt also bei seiner Großmutter, die ihn Ziegen hüten lässt. "Nur Arme schickten ihre Kinder in die Schule. Bei den Dinka wurde das nicht gerne gesehen."
Aber eines Tages, im Alter von 7 Jahren, erkrankt er und wird in die Stadt geschickt. Dort beginnt er mit der Schule.
Die Menschen seines Dorfes, die in die Stadt kommen, werden in das Haus seines Vaters gesandt. In den beiden Zimmern sind manchmal so viele Menschen, dass sie zwei Fußballteams bilden können!
Die Sekundarschule war ein kostenpflichtiges Internat. "Ein kleines Stück Brot wurde in zwei Hälften geteilt. Für Heranwachsende ist das nicht viel." Das erste Jahr übersteht Betram mit Hilfe seiner Klassenkameraden. Er leiht sich Bücher aus der Bibliothek. Dann erhält er ein Regierungsstipendium.
Später erlaubt ihm ein weiteres Stipendium vier Jahre Universitätsstudium in Alexandria, Ägypten.
Als Agrarökonom kehrt er in den Südsudan zurück und arbeitet in Malakal für das Landwirtschaftsministerium in der Abteilung für Pflanzenschutz. Nach Übergriffen der Befreiungsarmee des südsudanesischen Volkes (SPLA) besetzen Regierungstruppen das Ministerium. Da Betram sich beklagt, dass er nicht mehr arbeiten kann, gilt er dem Sicherheitsdienst als verdächtig und muss sich den Massen anschließen, die vor dem Bürgerkrieg fliehen.
So kommt er 1989 nach Khartum. Er ist 27 Jahre alt. Dort nimmt er seine Arbeit für das Landwirtschaftsministerium wieder auf.
Eines Tages lernt er im Jahr 1992 einen Arzt kennen, der einen Teil seiner Zeit den Freitagskliniken zur Verfügung stellt, die die Vinzenzgemeinschaft Khartum unter der Leitung von Kamal Tadros eingerichtet hat. Er engagiert sich in der Vinzenzgemeinschaft, um den vertriebenen Südsudanesen zu helfen, die zu Hunderttausenden in Lagern rund um die Hauptstadt leben. Seine Ackerbaukenntnisse tragen innerhalb weniger Jahre bei zur Entwicklung von Farmen für Heranwachsende und Berufsbildungszentren.
Er tritt zum Katholizismus über und heiratet im Jahr 1994. Am Tag nach der Hochzeit muss er wieder bei der Vinzenzgemeinschaft arbeiten, die sich wegen der Feindseligkeit der Behörden großen Wirren ausgesetzt sah.
Dann verlässt seine Familie den sich im Kriegszustand befindlichen Sudan und flieht nach Ägypten.
Von Kamal ermutigt setzt Betram seine Studien in Deutschland fort und erhält 2004 an der Universität Bonn seinen Doktortitel in Agronomie.
Dann fährt er zu seiner mittlerweile nach Australien ausgewanderten Familie. Seine Fremdsprachenkenntnisse erlauben ihm, 5 Jahre lang in der Verwaltung der Zuwanderungsbehörde zu arbeiten1.
Doch jedes Jahr kehrt er in den Sudan zurück, um die Teams der Vinzenzgemeinschaft zu unterstützen.
Schließlich beschließt er endgültig, nach Khartum zurück zu gehen, um sich vollständig den Projekten der Vinzenzgemeinschaft zu wirmen. Nach dem Friedensabkommen 2005 wird er beauftragt, Projekte im Süden zu installieren, und er wird Koordinator der Projekte in Juba, wo er sich vor der Abspaltung des Landes 2011 niederlässt.
Als im Dezember 2013 seine Frau aus Australien zum Begräbnis ihrer Mutter nach Malakal kommt, bricht gerade der Bürgerkrieg aus. Zum Glück wird sie von der Royal Air Force ausgeflogen, und mit ihr fliegt für Betram jegliche Hoffnung davon, dass seine Familie zu ihm nach Juba zieht.
Bis 2017 sah er seine Frau und seine Kinder nur einmal im Jahr, zu Weihnachten. Seit 2018, besucht er sie zweimal pro Jahr.
Seine Frau Elisabeth arbeitet teilzeitlich als Fürsorgerin.
Sein jüngster Sohn hat ihn eines Tages am Telefon gefragt, warum er nicht bei ihnen in Adelaide lebe. Betram hat ihm geantwortet, dass er im Südsudan eine zweite Familie habe...mit mehr als 1000 Kindern (in den Projekten der Vinzenzgemeinschaft) !
1. Nachdem er an einer öffentlichen höheren Schule unterrichtet hatte, ging er in die Verwaltung und koordinierte die Sozialleistungen der verschiedenen Ministerien (Soziales, Veteranen, …) für 6 Millionen Menschen. Seine Aufgabe war es, mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Gesellschaftsschichten zu verhandeln und ihre Bedürfnisse zu beurteilen. Er leitete Zahlungen ein, brachte Arbeitssuchende in entsprechende Netzwerke, zeigte andere Möglichkeiten und Programme auf (Umschulungen, Netzwerk für Behindertenarbeit, berufliche Evaluation, Alphabetisierung,…). Anschliessend arbeitete er im Wissenschaftsministerium mit nicht englischsprachigen Problemschülern. Er war das Bindeglied zwischen der Schulverwaltung und den Eltern, stand den Schülern in den verschiedenen Etappen ihres Schullebens zur Seite, angefangen mit der Einschreibung, zeigte verschiedene soziale Leistungen auf, sorgte für ihre Eingliederung in schulische Organisationen.